Von der Familienfrau zur Geschäftsführerin
Am 24. Oktober war Renate Pilz zu Gast bei den „Ostfilderner Portraits“ in Nellingen an der Halle. Die gemeinsame Veranstaltungsreihe der Bürgerstiftung und der Volkshochschule stellt in loser Folge Persönlichkeiten unserer Stadt aus Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik dar.
Das zweieinhalbstündige Gespräch mit der geschäftsführenden Gesellschafterin der Pilz GmbH & Co. KG in Nellingen wurde von Dr. Peter Stapelberg, Mitglied im Vorstand der Bürgerstiftung, moderiert. Schülerinnen der Musikschule Ostfildern am Klavier und Cello umrahmten den kurzweiligen Abend.
Renate Pilz, geboren 1940 in Göppingen und seit vielen Jahren in Esslingen zuhause, berichtete sehr eindrücklich über ihre Lebensstationen und die Entwicklung der Pilz GmbH zu einem Weltunternehmen. Dabei begann der Aufstieg mit einem sehr einschneidenden Erlebnis. Nachdem die 1948 gegründete Firma 1967 von Esslingen in die Parksiedlung verlagert wurde und die Familie drei Jahre später nachzog, starb 1975 Firmeninhaber Peter Pilz. Renate Pilz war fest in der Familie verankert, ihre Aufgabe als Hausfrau und Mutter zweier Kinder hat sie voll ausgefüllt, Berührungspunkte zum Betrieb hatte sie nur wenige. Gleichzeitig waren die 70er Jahre aus technologischer Sicht sehr dynamische Jahre, es war eine Aufbrauchsituation, die ihr Mann mit Visionen und Ideen füllen wollte. Als er starb, stellte sich die Frage, was mit dem Unternehmen passieren solle. Obwohl viele ihrer Vertrauten ihr davon abrieten, entschied sie sich für das Weitermachen und war zunächst bis 1994 Vorsitzende des Beirates, eher sie als Geschäftsführerin die vollständige Führung des Hochtechnologieunternehmens übernahm. „Es war mir wichtig, dass das, was er entwickelt hat, weitergeht, weil ich gesehen habe, mit wie viel Freude und Motivation er dabei war.“ Mit viel Gottvertrauen schaffte sie es, das Unternehmen weiter aufzubauen, und das zu einer Zeit, als es nicht selbstverständlich war, dass eine Frau, zudem ohne wirtschaftlichen und technischen Hintergrund, eine Firma führt.
In dieser schwierigen Zeit hat ihr auch die Nachbarschaft in der Parksiedlung, einem „ganz besonderen Fleckchen Erde“, viel Unterstützung gegeben. Aber auch die Mitarbeiter lobt sie ausdrücklich, die damals wie heute loyal zum Unternehmen stehen.
Die Fa. Pilz stellt Produkte der Automatisierungs- und Sicherheitstechnik her, insgesamt 3.000 aktive Produkte werden mit 1.400 Mitarbeiter, darunter am 740 am Firmensitz in Ostfildern, hergestellt und vermarktet. „Wettbewerb ist gut, weil man sich dann anstrengt, die Nase vorne zu haben“, erklärt die Chefin einer selbstbewusst im Weltmarkt mitmischenden Firma mit 62% Exportanteil. „Safety Eye“ heißt eine der neuesten Entwicklungen, das erste sichere Kamerasystem zur dreidimensionalen Raumüberwachung. Es stellt einen virtuellen Schutzraum um die Maschinen her, schützt somit Mensch und Maschine voreinander und sichert eine reibungslose Produktion. Der Mensch und seine Sicherheit stehen im Vordergrund der Innovationen.
Ein christliches Fundament ist für ihren privaten und beruflichen Alltag von großer Bedeutung. Sie unterstützt daher auch das neueste, vom Bund Katholischer Unternehmer erarbeitete Bildungspapier unter dem Stichwort „Bildung für Alle“, das tiefgreifende Reformen anmahnt. Die aktuelle Finanz- und anbahnende Wirtschaftskrise beobachtet sie genau, sieht jedoch jede Krise auch als Chance für ein Umlenken und Umdenken. Denn die Wirtschaft verlaufe immer in Auf- und Ab-Wellen, die letzten Jahre waren dabei eher gute Jahre, die die Firma vor allem ihren hoch motivierten Mitarbeitern zu verdanken hat.
Für die Zukunft wüscht Sie sich dabei mehr technisch begabte und motivierte Frauen als Mitarbeiterinnen. Die Zukunft der Firma ist überdies gesichert. Zusammen mit Tochter Susanne Kunschert, Sohn Thomas Pilz und Hans-Axel Gielow bildet sie heute die Geschäftsführung des internationalen Technologieführers. Mit Blick auf Ostfildern betonte sie, dass im kulturellen und sozialen Bereich viel unternommen werde. Als Abschluss bekräftigte Renate Pilz die auch in Zukunft enge Verbindung zur Stadt: „Pilz bleibt hier in Ostfildern“.